„Standort auf wackeligen Beinen”

Mannheim. "Es ist nicht gerecht, dass die Mitarbeiter die Zeche zahlen sollen", sagt eine Alstom-Mitarbeiterin verärgert, die am Nachmittag nach Feierabend das Mannheimer Werk verlässt. "Ich werde mich dagegen wehren, wenn das auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird." Nicht nur sie ist verunsichert. Denn derzeit steht nicht nur die Übernahme des französischen Unternehmens im Raum. Laut Betriebsrat möchte das Management auch die Beschäftigungsgarantie am Standort Mannheim kündigen. Vielen Produktionsmitarbeitern stößt das sauer auf.

Angst vor Werkschließung

Enttäuscht von ihrem Arbeitgeber sind zum Beispiel zwei Männer, die gemeinsam in Richtung Parkplatz laufen. "Früher hat man gedacht, es sei ein sicherer Arbeitsplatz", klagt einer der beiden Produktionsmitarbeiter, der seit 35 Jahren für Alstom arbeitet. "Im Prinzip hat man alles gemacht für die Firma, und das ist der Dank dafür." Sein Kollege pflichtet ihm bei. Er befürchtet, dass das Mannheimer Werk sogar geschlossen werden könnte.

Alstom: Laut Betriebsrat will das Management den Kündigungsschutz auch für das Mannheimer Werk kündigen

„Das ist absolut daneben”

Von unseren Redaktionsmitgliedern Matthias Kros und Michael Roth

Mannheim. Die Alstom-Konzernbetriebsratsvorsitzende Elisabeth Möller ist außer sich. "Das ist absolut daneben. Man will uns quasi den Wölfen zum Fraß vorwerfen", sagt sie. Die Arbeitnehmervertreterin kann absolut nicht verstehen, dass das Management ausgerechnet während des laufenden Übernahmekampfes die Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter in Deutschland kündigen will. "Das ist doch ein völlig falsches Signal, mal sehen, wie die Mitarbeiter es aufnehmen." Am kommenden Montag soll es im Mannheimer Werk eine Betriebsversammlung geben.

Übernahmekampf: Betriebsrat droht, Verhandlungen notfalls zu blockieren / Mannheims Oberbürgermeister Kurz appelliert an Wirtschaftsminister Gabriel

Alstom will Jobabbau in Deutschland fortsetzen

Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kros

Mannheim. Trotz der laufenden Übernahmeverhandlungen mit General Electric (GE) soll der Stellenabbau bei Alstom in Deutschland offenbar wie geplant weitergehen. "Der Entwurf des Interessenausgleichs liegt den beteiligten Verhandlungspartnern vor und soll in den kommenden Tagen weiterverhandelt werden", sagte eine Sprecherin gestern in Mannheim. Dabei gehe es zunächst um die bereits angekündigten Sparpläne, denen auch in Deutschland mehrere Hundert Stellen zum Opfer fallen sollen.

Gewerkschaften: Bei der Kundgebung zum Tag der Arbeit dreht sich vieles um den Mannheimer Alstom-Standort / Rund 1400 Teilnehmer an Demonstration

„Wer nicht kämpft, hat schon verloren”

Durch die Innenstadt und den strömenden Regen zog die Demonstration gestern zum Marktplatz. © TrösterDurch die Innenstadt und den strömenden Regen zog die Demonstration gestern zum Marktplatz. © Tröster

"Résistance - Widerstand", dieses große Banner wird seit Jahren bei jeder Demonstration zum 1. Mai mitgetragen. In diesem Jahr hat das rote Plakat wieder eine ganz besondere Bedeutung, angefertigt haben es Alstom-Beschäftigte, die es gestern bei der traditionellen Demonstration zum 1. Mai durch die Stadt trugen. Rund 1400 Menschen waren zu der Demo und der Kundgebung gekommen - im strömenden Regen.

Mindestlohn: Protest gegen geplante Ausnahmen bei Maikundgebungen / Arbeitslosenzahl unter drei Millionen

Gewerkschaften: 8,50 für alle

In Mannheim stand besonders der Kampf für den Erhalt der Alstom-Arbeitsplätze im Mittelpunkt. © TrösterIn Mannheim stand besonders der Kampf für den Erhalt der Alstom-Arbeitsplätze im Mittelpunkt. © Tröster

Berlin/Mannheim. Für einen Mindestlohn ohne Ausnahmen, für die Rente mit 63 sowie den Abbau der kalten Progression sind rund 400 000 Gewerkschafter am "Tag der Arbeit" auf die Straße gegangen. DGB-Chef Michael Sommer warnte bei einer zentralen Kundgebung in Bremen, es dürfe beim geplanten gesetzlichen Mindestlohn "keine Ausnahmen wegen des Alters oder Geschlechts, der Herkunft oder der sozialen Lage geben". Der scheidende DGB-Chef betonte: "Keine Stunde Arbeit darf billiger sein als 8,50 Euro."