Spatz in der Hand

Von Ruth Weinkopf – Mannheimer Morgen

Wie so oft liegen auch im Kompromiss um die Zukunft des Mannheimer Alstom-Werkes Licht und Schatten dicht beieinander. Während beispielsweise die Beschäftigten in der Kraftwerksplanung mit dem Erreichten zufrieden sein können, stehen ihren Kollegen aus der Generatorenfertigung wahlweise Tränen oder blanke Wut in den Augen. In ihren Ohren wird nur eine Aussage hängen bleiben: Zu teuer - nicht konkurrenzfähig - Tschüss.

Der gefundene Kompromiss folgt dem alten Spruch, dass manchmal der Spatz in der Hand mehr ist als die Taube auf dem Dach. Udo Belz und seine Kollegen haben wohl das Maximale für die Belegschaft erreicht - mehr war nicht drin. Gleichwohl ist es bitter für den streitbaren Betriebsratschef, dass er seine Kollegen nur finanziell absichern, nicht aber den Generatorenbau und seine Arbeitsplätze in Mannheim halten konnte. Aus Sicht vieler Mitarbeiter wiegt die Entscheidung der Produktionsschließung schwerer als das Versprechen, die europaweite Kompetenz für Dampfturbinen von der Schweiz nach Mannheim zu verlagern. Wer im Generatorenbau seinen Job verliert, wird schwerlich im Kompetenzzentrum eine neue Stelle finden. Die Kröte, die Udo Belz und seine Mitstreiter für die dreijährige finanzielle Absicherung geschluckt haben, liegt den betroffenen Generator-Bauern ziemlich unverdaulich im Magen.

Die Aussicht, in oder um Mannheim bis zu 150 neue Arbeitsplätze zu schaffen, klingt zwar gut, aber auch noch recht vage. Vor allem deshalb, weil sich Alstom zur Schaffung in etwa gleichwertiger Jobs verpflichtet hat. Welcher Metall verarbeitende Betrieb mit Tarifbindung baut in diesen Zeiten schon Arbeitsplätze auf? Der Spatz in der Hand mag - auf den gesamten Standort bezogen - die Taube auf dem Dach ersetzen. Die Generatorenbauern allerdings müssen diesen Kompromiss zwangsläufig anders sehen.